Emily Klöber

26 März 2025

Arbeitsproben – Ein wertvolles Instrument der Personalauswahl

“Komm morgen doch mal Probearbeiten!” ist ein Satz, den viele Menschen schon mal in ihrem beruflichen Werdegang zu hören bekommen. Aber was bedeutet das genau? Was bringt es den Arbeitgebern und wie genau kann eine Arbeitsprobe oder Probearbeit genau aussehen? Das alles erklären wir in diesem Blogbeitrag.

Inhalt des Artikels:

  • Arbeitsproben – Definition und Charakteristika 
  • Vorteile von Arbeitsproben
  • Arbeitsproben –  wie erstellt man sie?
  • Arbeitsproben – wie wendet man sie an? 
  • Fazit 

Arbeitsproben – Definition und Charakteristika

Arbeitsproben sind Aufgaben, die indirekt aber auch direkt mit der späteren Tätigkeit zusammenhängen oder Aufgaben, bei denen Kompetenzen für die zu besetzende Stelle getestet werden. Sie sollten die tatsächliche Arbeitsleistung der Kandidat*innen simulieren und ihre Fähigkeiten und Fertigkeiten in einem realistischen Arbeitskontext bewerten (Sackett et al., 2021).

Es ist jedoch zwischen einer Arbeitsprobe und der Probearbeit zu unterscheiden: Die Arbeitsprobe ist meist eine konkrete Aufgabe, welche die Kandidat*innen bis zu einem gewissen Zeitpunkt erledigt haben müssen (z.B. ein Webdesigner, welcher ein gewisses Element in die Website einbringen soll). Die Probearbeit ist die Arbeit im realen Betrieb, mit meist realen Arbeitsaufgaben.


Die Probearbeit ermöglicht den Bewerber*innen einen tiefen Einblick in die Tätigkeit und das Unternehmen und andererseits ermöglicht es dem Unternehmen, die reale Arbeitsleistung der Bewerber*innen zu beobachten. In Berufen wie der Gastronomie ist dies eine sehr übliche Methode, um zu überprüfen, ob die Bewerber*innen einen guten Umgang mit Kund*innen pflegen und beispielsweise Tabletts sicher tragen können.

Die Aufgaben, welche während der Arbeitsprobe durchgeführt werden, werden in zwei Bereiche unterteilt (Lievens & Patterson, 2011): Low-Fidelity-Aufgaben und High-Fidelity-Aufgaben. Fidelity bedeutet die Nähe der Aufgabe, welche die Kandidat*innen absolvieren müssen, zur tatsächlichen zukünftigen Tätigkeit. Somit haben Low-Fidelity Aufgaben eine gewisse Ferne zu der “richtigen Berufswelt” und High-Fidelity Aufgaben sind realitätsnah und bilden die zukünftigen Anforderungen gut ab.


Low-Fidelity-Aufgaben sind abstraktere Aufgaben, die komplexere Tätigkeiten simulieren. Hier sind z.B. Rollenspiele für Führungskräfte gemeint. Das Ziel dieser Aufgabe ist, dass man berufsrelevante Fähigkeiten erkundet, ohne dass man direkt eine Arbeitsaufgabe ausführt.

High-Fidelity-Aufgaben hingegen sind konkrete Aufgaben mit direktem Bezug zur späteren Tätigkeit. Zum Beispiel könnte es hier die Formulierung eines Briefes für eine Büroassistenz sein. Somit werden spezifische Fähigkeiten geprüft und somit ist diese Aufgabenart standardisiert und fair. 

Vorteile von Arbeitsproben

Wie erstellt man sinnvolle Arbeitsproben?

Um die Eignung von Kandidat*innen zu beurteilen, ist es wichtig, zunächst festzulegen, welche Fähigkeiten getestet werden sollen. Es empfiehlt sich, die drei bis fünf wichtigsten Qualifikationen aus der Stellenbeschreibung zu wählen, die in Aktion gesehen werden möchten. Diese Fähigkeiten sollten direkt mit den Anforderungen der Position übereinstimmen und die Kernkompetenzen des Jobs widerspiegeln, um die Eignung der Kandidat*innen gezielt bewerten zu können. 

Als nächstes wird eine Herausforderung identifiziert, die eine typische Arbeitsaufgabe darstellt, wobei den Kandidat*innen ausreichend Zeit gegeben werden sollte. Diese Aufgabe sollte die Komplexität der Rolle widerspiegeln und realistisch sowie repräsentativ für die täglichen Herausforderungen der Position sein. Durch die Auswahl einer solchen Aufgabe können die praktischen Fähigkeiten und das Problemlösungsverhalten der Kandidat*innen beobachtet werden. 

Es ist auch wichtig, Einschränkungen und Ressourcen einzubeziehen, um die Arbeitsumgebung realistisch zu simulieren. Den Kandidat*innen sollten Randbedingungen und reale Informationen gegeben werden, wie Zeitlimits, verfügbare Werkzeuge oder bestimmte Richtlinien, die im Unternehmen gelten. Indem die Arbeitsbedingungen realistisch nachgebildet werden, kann gesehen werden, wie die Kandidat*innen unter den gleichen Bedingungen arbeiten würden, wie die aktuellen Mitarbeiter*innen. 

Nicht nur die Aufgabenstellung und die Rahmenbedingungen sind wichtig, sondern auch die Bewertung der Kandidat*innen. Klare Bewertungskriterien sollten entwickelt werden, um den Erfolg zu messen. Diese Kriterien könnten die Qualität der Arbeit, die Effizienz der Lösungsfindung und die Kreativität der Ansätze umfassen. Einheitliche Bewertungskriterien stellen sicher, dass alle Kandidat*innen fair und objektiv beurteilt werden. 

Schließlich sollten die Kandidat*innen gebeten werden, ihre Denkprozesse sowie Herangehensweisen an die Aufgabe zu erläutern. Diese Diskussion ermöglicht es, die Entscheidungsfindung und Problemlösungsstrategien der Kandidat*innen besser zu verstehen. Durch das Verständnis ihrer Herangehensweise kann besser eingeschätzt werden, wie gut sie in das Team und die Unternehmenskultur passen.

Arbeitsproben – wie wendet man sie an?

Die Aufgaben der Arbeitsproben sollten realistische Tätigkeiten widerspiegeln, die auch im Arbeitsalltag vorkommen. Dabei ist es entscheidend, dass diese sowohl anspruchsvoll als auch praxisnah gestaltet sind. Nur so kann sichergestellt werden, dass die Ergebnisse zuverlässig die Eignung der Bewerber*innen zeigen. Somit ist es selbsterklärend, dass Softwareentwickler*innen keine Arbeitsprobe haben, in der sie Tabletts tragen, sondern eine Entwicklungsaufgabe bekommen.

Wie schon oben erwähnt, ist ein wichtiger Punkt die Fairness und Transparenz gegenüber den Bewerber*innen. Es sollte klar kommuniziert werden, warum die Arbeitsprobe eingesetzt wird und nach welchen Kriterien die Ergebnisse bewertet werden. Dies schafft Vertrauen und sorgt für Akzeptanz des Verfahrens.

Auch die Bewertung der Arbeitsproben muss standardisiert und objektiv erfolgen. Einheitliche Bewertungsrichtlinien und idealerweise eine Beurteilung durch mehrere Personen helfen, Verzerrungen zu minimieren. Dadurch wird die Zuverlässigkeit der Ergebnisse deutlich erhöht. 

Nach Abschluss der Arbeitsproben sollte den Bewerber*innen Feedback gegeben werden. Dies zeigt nicht nur Wertschätzung, sondern ermöglicht auch eine positive Erfahrung im Bewerbungsprozess. Gleichzeitig können wertvolle Entwicklungsimpulse vermittelt werden, die unabhängig vom Ausgang des Auswahlverfahrens hilfreich sind.

Fazit

Arbeitsproben sind ein wertvolles Instrument in der Personalauswahl und -entwicklung, da sie einen realistischen Einblick in die beruflichen Fähigkeiten und Fertigkeiten der Bewerber*innen bieten. Diese Methode ermöglicht es den Kandidat*innen, ihre zukünftigen Aufgaben unter realistischen Bedingungen zu demonstrieren, während Personalverantwortliche die tatsächliche Arbeitsleistung und Eignung der Kandidat*innen beobachten und bewerten können. Arbeitsproben können in verschiedenen Formen und für unterschiedliche Berufsfelder gestaltet werden, wobei sie in Low-Fidelity- und High-Fidelity-Aufgaben unterteilt werden, um entweder abstrakte Fähigkeiten oder konkrete Tätigkeiten zu simulieren. 

Die Vorteile von Arbeitsproben liegen in ihrer höheren Validität (0,33) und der Möglichkeit, die Kompetenzen der Bewerber*innen direkt zu beobachten. Sie bieten eine faire und objektivere Grundlage für die Beurteilung der Kandidat*innen als unstrukturierte Methoden, da sie reale Arbeitsbedingungen und spezifische Aufgaben widerspiegeln. Um Arbeitsproben effektiv zu gestalten, sollten klare Bewertungskriterien und realistische Szenarien entwickelt werden, die die Anforderungen der Position genau abbilden. Zudem ist es wichtig, den Bewerber*innen konstruktives Feedback zu geben, um ihre Fähigkeiten weiterzuentwickeln und eine positive Erfahrung im Bewerbungsprozess zu gewährleisten. Arbeitsproben sind in vielen Bereichen anwendbar, von kreativen Berufen bis hin zu technischen und handwerklichen Tätigkeiten und bieten eine umfassende Möglichkeit, die Eignung und das Potenzial der Kandidat*innen zu beurteilen.
Alles rund um digitale Personalauswahl und -entwicklung findet ihr unter www.applysia.de.

Quellen:
Lievens, F., & Patterson, F. (2011). The validity and incremental validity of knowledge tests, low-fidelity simulations, and high-fidelity simulations for predicting job performance in advanced-level high-stakes selection. Journal of Applied Psychology, 96(5), 927–940. https://doi.org/10.1037/a0023496

Sackett, P. R., Zhang, C., Berry, C. M., & Lievens, F (2021) Revisiting meta-analytic estimates of validity in personnel selection: Adressing systematic overcorrection for restriction of range. Journal of Applied Psychology 107(11), 2040–2068. https://doi.org/10.1037/apl0000994

Schmidt, F. L., & Hunter, J. E. (1998). The validity and utility of selection methods in personnel psychology: Practical and theoretical implications of 85 years of research findings. Psychological Bulletin, 124(2), 262–274. https://doi.org/10.1037/0033-2909.124.2.262

de_DEGerman