Mara Santidrián Korff

5 Juli 2022

Mitbestimmung in der Personalauswahl

Die Personalauswahl ist eine der wichtigsten Aufgaben eines Unternehmens. Sie entscheidet maßgeblich über den zukünftigen Erfolg und die Wettbewerbsfähigkeit der Organisation. Es reicht jedoch nicht aus, die besten Kandidat*innen auszuwählen – der Prozess muss auch rechtssicher und fair sein.

Hier kommt die Mitbestimmung ins Spiel. Sie sorgt dafür, dass die Auswahlverfahren transparent und gerecht sind und sowohl die Rechte der Arbeitnehmer*innen als auch der Bewerber*innen gewahrt werden. Denn die Mitbestimmung durch Betriebsräte und Mitarbeitervertretungen stellt sicher, dass keine Unregelmäßigkeiten oder Diskriminierungen stattfinden und die Auswahl auf Basis objektiver Kriterien erfolgt.

Darüber hinaus trägt die Mitbestimmung zur Akzeptanz und Zufriedenheit der Belegschaft bei. Wenn Mitarbeiter*innen das Gefühl haben, dass ihre Interessen vertreten werden und sie ein Mitspracherecht haben, steigt die Zufriedenheit und somit auch die Motivation und Produktivität. Die Einbindung des Betriebsrats sorgt dafür, dass Entscheidungen im Sinne der gesamten Belegschaft getroffen werden.

Für eine rechtssichere Personalauswahl ist die Mitbestimmung durch Betriebsräte oder Mitarbeitervertretungen also essentiell. Hier erfährst du, was du beachten musst, um die rechtlichen Vorgaben zu erfüllen.

Was bedeutet Mitbestimmung?

Betriebsräte haben laut § 78 Abs. 1 Nr. 1 BPersVG das Recht, Einfluss auf die Personalauswahl zu nehmen. Das bedeutet, dass Bewerber*innen nur dann eingestellt werden dürfen, wenn der Betriebsrat zustimmt. Die Mitbestimmung des Personalrats umfasst mehrere Bereiche, die im Folgenden beschrieben werden.

Einfluss des Betriebsrats auf die Personalauswahl:

1. Eingliederung und Eingruppierung von Bewerber*innen

Der Betriebsrat muss einer Eingliederung oder der Einstufung eines neuen Mitarbeiters oder einer neuen Mitarbeiterin zustimmen. Dies betrifft sowohl neue Stellen als auch die Eingruppierung in bestimmte Lohngruppen.

Hat der Betriebsrat Bedenken gegenüber einer geplanten Eingliederung oder Einstufung, kann er seine Zustimmung verweigern. Beispielsweise könnte der Betriebsrat die Versetzung auf eine niedriger bezahlte Position ablehnen, wenn er der Meinung ist, dass dies nicht gerechtfertigt ist. Ebenso kann er die Einstellung von Bewerbenden blockieren, wenn er Gründe für Vetternwirtschaft oder nepotistische Praktiken sieht, also wenn die Einstellung auf persönlichen Beziehungen basiert und nicht auf fachlicher Eignung.

Die Entscheidung bei der Personalauswahl liegt grundsätzlich beim Arbeitgeber, jedoch kann diese Entscheidung ohne die Zustimmung des Betriebsrats nicht final und gültig getroffen werden. Nichtsdestotrotz haben Personaler*innen weiterhin das Recht frei zu entscheiden, wen sie einstellen möchten (Vertragsfreiheit). Darauf hat der Betriebsrat keinen Einfluss, wenn die Entscheidungsfindung fehlerfrei und ohne Gesetzesbrüche zustande gekommen ist.

2. Auswahl und Anwendung diagnostischer Verfahren

Die Verfahren zur Beurteilung der Eignung von Kandidat*innen müssen ebenfalls vom Betriebsrat bestätigt werden. Wenn du als Arbeitgeber*in beschließt, allgemeine Regelungen zur Eignungsbeurteilung durchzusetzen (z. B. die Durchführung eines Assessment Centers), dann hat der Betriebsrat ein Mitbestimmungsrecht.

Die Mitbestimmung durch den Betriebsrat bei der Anwendung von diagnostischen Verfahren soll sicherstellen, dass unzulässige Methoden der Informationsgewinnung vermieden und die Persönlichkeitsrechte der Kandidat*innen gewahrt werden.

Welche Verfahren müssen vom Betriebsrat abgesegnet werden?

Personalfragebögen

Nach § 94 des Betriebsverfassungsgesetzes (BetrVG) müssen Personalfragebögen vor ihrem Einsatz vom Betriebsrat genehmigt werden. Dabei ist es wichtig, dass diese Fragebögen ausschließlich zulässige Fragen enthalten, die den geltenden gesetzlichen Anforderungen entsprechen. Personalfragebögen umfassen alle wesentlichen Angaben zu den Kandidat*innen und müssen sich mit den erlaubten Fragen im Eignungsinterview decken. Das bedeutet, dass keine Informationen abgefragt werden dürfen, die für die Eignungsbeurteilung unzulässig sind.

Verfahrenstechnisch sind Personalfragebögen zwar Teil der Dokumentenanalyse, aus rechtlicher Sicht sind sie jedoch wie Interviews zu behandeln. Sie müssen bestimmte Standards einhalten und dürfen erst nach einer Genehmigung durch den Betriebsrat eingesetzt werden. Diese Genehmigung stellt sicher, dass die Fragebögen transparent und fair sind und die Persönlichkeitsrechte der Bewerber*innen gewahrt werden.

Andere Verfahren der Dokumentenanalyse (z.B. die Analyse des Lebenslaufes), direkte mündliche Befragungen (z. B. Eignungsinterviews), Verhaltensbeobachtungen (z. B. Rollenspiele), Tests (z. B. Intelligenztests) und Fragebögen (z. B. Persönlichkeitsfragebögen) unterliegen den allgemeinen Beurteilungsrichtlinien und der Mitbestimmung des Betriebsrats gemäß § 94 Abs. 2 des Betriebsverfassungsgesetzes.

Verfahrensrichtlinien zur Personalauswahl

Die Verfahrensrichtlinien zur Personalauswahl unterliegen dem Mitbestimmungsrecht nach § 95 BetrVG. Diese Richtlinien legen die Prinzipien der Personalauswahl fest und sorgen für eine objektive Bewertung der Bewerber*innen. 

Erstellung und Zweck von Auswahlrichtlinien

Unter Auswahlrichtlinien werden alle Grundsätze für die Personalauswahl verstanden. Sie können für verschiedene Vorgehen wie Einstellung, Versetzung, Umgruppierung oder Kündigung gültig sein. Diese Richtlinien sind dafür verantwortlich, dass die Personalauswahl nach möglichst objektiven Kriterien getroffen wird und bezieht sich dabei zumeist auf fachliche Qualifikationen und persönliche Eignung. Im Falle von Kündigungen werden zusätzliche soziale Kriterien wie Dienstjahre, Alter und Familienstand einbezogen.

Initiativrecht des Betriebsrats

In Unternehmen mit mehr als 500 Mitarbeiter*innen kann der Betriebsrat eigene Verfahrensrichtlinien vorschlagen. Dies stellt sicher, dass die Personalauswahl fair und nach objektiven Kriterien erfolgt. Das Initiativrecht gibt dem Betriebsrat die Möglichkeit, aktiv zur Gestaltung der Auswahlprozesse beizutragen, um Missbrauch zu vermeiden und Transparenz zu fördern.

Mitbestimmung in öffentlichen Organisationen

In öffentlichen Betrieben wird die Mitbestimmung nicht durch Betriebsräte, sondern durch eigene Gesetze geregelt. Darunter fallen das Bundespersonalvertretungsgesetz (BPersVG) für Bundesbehörden (z.B. Bundesministerien) und die Landespersonalvertretungsgesetze bei Landesbehörden (z.B. NRW). Diese Gesetze geben ebenfalls spezielle Rechte und Mitbestimmungsmöglichkeiten für Personalvertretungen in öffentlichen Institutionen.

In den Behörden werden zudem Gleichstellungsbeauftragte gewählt, die Beschäftigte vor Benachteiligungen aufgrund ihres Geschlechts schützen. Insbesondere Frauen werden hier unterstützt und die Vereinbarkeit von Beruf und Familie gefördert (siehe § 25 Bundesgleichstellungsgesetz, BGleiG). Gleichstellungsbeauftragte sind auch bei Personalentscheidungen beteiligt, insbesondere bei der Auswahl der Beurteilungsverfahren, um sicherzustellen, dass keine Diskriminierung stattfindet und die Gleichstellung gefördert wird.

Mitbestimmung durch die Schwerbehindertenvertretung

Bei der Bewerbung von Schwerbehinderten gibt es spezielle Regelungen und Anforderungen, die besonders beachtet werden müssen.

In größeren Unternehmen werden Schwerbehindertenvertretungen in allen Angelegenheiten angehört, die Einzelne oder schwerbehinderte Menschen als Gruppe berühren. Schwerbehindertenvertretungen haben das Recht, bei allen Personalangelegenheiten, die schwerbehinderte Menschen betreffen, involviert zu sein. Dies umfasst die Einsicht in Bewerbungsunterlagen und die Teilnahme an Vorstellungsgesprächen (§ 95 Sozialgesetzbuch IX (SGB IX)).

Bei Erhalt einer Bewerbung eines schwerbehinderten Menschen, bist du als Arbeitgeber*in dazu verpflichtet, die Kandidat*innen zu einem Vorstellungsgespräch einzuladen, sofern sie nicht offensichtlich ungeeignet sind. Als ungeeignet gilt, wer nicht die geforderten Mindestvoraussetzungen der Stellenausschreibungen erfüllt (z. B. Position als Maurer*in bei Kandidat*innen mit erheblichen körperlichen Beeinträchtigungen, wie Lähmungen). Diese Regelung dient dem Schutz und den Chancen für schwerbehinderte Menschen im Bewerbungsprozess. 

Schwerbehinderte Menschen haben zudem Anspruch auf bevorzugte Behandlung bei der Personalentscheidung nach § 81 Abs. 4 SGB IX. Diese Bevorzugung kann jedoch nur stattfinden, wenn die Tätigkeit für die schwerbehinderte Person geeignet und zumutbar ist.

Fazit

Die Mitbestimmung in der Personalauswahl ist ein wesentliches Instrument, um faire und rechtssichere Entscheidungen zu treffen. Sie schützt die Rechte der Mitarbeiter*innen und sorgt für Transparenz und Gerechtigkeit im gesamten Einstellungsprozess. Für Personalverantwortliche bietet die Mitbestimmung klare Richtlinien, die dabei helfen, die Auswahlverfahren auf rechtlich sichere Beine zu stellen und potenzielle Konflikte zu vermeiden.

Die Einbindung des Betriebsrats und anderer Mitbestimmungsgremien trägt maßgeblich dazu bei, dass alle Auswahlverfahren objektiv und diskriminierungsfrei gestaltet werden. Dies führt nicht nur zu einer höheren Akzeptanz der Entscheidungen innerhalb der Belegschaft, sondern unterstützt auch das positive Image des Unternehmens als fairer und verantwortungsbewusster Arbeitgeber. Für Personalverantwortliche ist es wichtig zu verstehen, dass die Mitbestimmung nicht nur eine rechtliche Notwendigkeit, sondern auch eine wertvolle Unterstützung in der Personalauswahl darstellt. Sie bietet eine zusätzliche Ebene der Überprüfung und Sicherstellung, dass die Auswahlverfahren transparent und gerecht gestaltet sind.

Wir hoffen, dass unser Blogbeitrag dir eine umfassende und klare Übersicht gegeben hat und du nun deutlicher siehst, warum die Mitbestimmung in der Personalauswahl so wichtig ist.

Um sicherzustellen, dass Deine Verfahren den Mitbestimmungsrechten entsprechen, solltest du dich an die Verfahrenshinweise der DIN 33430 (2016) halten. Diese Standards gelten als Qualitätsmaßstab in der Personaldiagnostik und helfen dir, rechtssichere und effiziente Auswahlverfahren zu gestalten. 

Mit der Software von Applysia kannst du den Mitbestimmungsprozess vereinfachen und rechtskonforme Personalauswahlverfahren implementieren. Applysia bietet eine strukturierte und geprüfte Vorgehensweise nach DIN 33430, die alle rechtlichen und qualitativen Anforderungen erfüllt. Dies stellt sicher, dass eine transparente und faire Bewertung der Kandidat*innen möglich ist.

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