Julia Mayer

9 December 2025

Wie fair sind moderne Auswahlverfahren wirklich?

Die Wahrnehmung von Bewerbenden und deren Auswirkungen

In der zunehmend digitalen Arbeitswelt setzen zahlreiche Unternehmen mehr auf Online-Bewerbungsverfahren. Doch abseits der technischen Aspekte gibt es wichtige psychologische Einflüsse, die sowohl die Wahrnehmung als auch die Effektivität der Auswahlprozesse beeinflussen

Wenn Bewerbende Methoden als unfair oder unpassend empfinden, kann dies negative Konsequenzen haben. Unfaire Auswahlverfahren sind dabei nicht nur ein Imageproblem: Sie können das Wohlbefinden von Bewerbenden beeinträchtigen, zu Abbrüchen im Bewerbungsprozess führen oder dazu, dass Kandidat*innen Stellenangebote ablehnen. Negative Erfahrungen verbreiten sich schnell, online wie offline, und schaden der Wahrnehmung eines Unternehmens als attraktiver Arbeitgeber.

Inhalt

Die Studie

Zibarras et al. (2025) verglichen traditionelle Auswahlmethoden mit modernen Verfahren. Zusätzlich wurde untersucht, ob frühere Erfahrungen mit einer Auswahlmethode die Wahrnehmung von Fairness beeinflussen.

Die Stichprobe bestand aus 281 berufstätigen Personen, die in den letzten zwei Jahren an einem Auswahlprozess teilgenommen haben. Über einen Online-Fragebogen bewerteten sie 17 verschiedene Auswahlmethoden, 9 klassische und 8 moderne:

Die Ergebnisse

Die 281 Teilnehmenden gaben zunächst an, welche der 17 Auswahlmethoden ihnen schon einmal in einem Bewerbungsverfahren begegnet sind. Die am häufigsten und weniger häufig eingesetzten Methoden sind in der folgenden Grafik aufgelistet.

Die Ergebnisse in Bezug auf Fairness erwiesen sich als eindeutig: Je näher am Job, desto fairer.

  • Am besten bewertet: Arbeitsproben, Berufswissenstests und persönliche Interviews – sie wurden als fair, nachvollziehbar und berufsnah erlebt.
  • Am schlechtesten bewertet: Asynchrone Video-Interviews, persönliche Kontakte und die Auswertung von Social-Media-Profilen.

Wer schon einmal ein bestimmtes Verfahren erlebt hatte, bewertete es zudem meist positiver. Erfahrung senkt also Skepsis. Menschen empfinden ein Verfahren that can be integrated into individual processes as fairer, wenn sie wissen, was sie erwartet and wie es abläuft

Diese Erkenntnisse finden sich in Tabelle 2 wieder. Die Wahrnehmung der Auswahlverfahren wurde auf einer 7-Punkte-Skala bewertet.

Tabelle 2
Durchschnittliche Wahrnehmung von Auswahlverfahren
Anmerkung: Ausgewählte Methoden. Grün markierte Methoden werden positiv und rot markierte Methoden negativer wahrgenommen.

Die Ergebnisse zeigen deutlich, dass klassische Methoden oft eine höhere Akzeptanz haben. Diese Methoden werden als wissenschaftlich fundiert und fair wahrgenommen. Im Gegensatz dazu schneiden neue, internetbasierte Methoden schlechter ab. Diese Methoden werden oft als weniger transparent and weniger fair empfunden.

Bewerbende empfinden ein Verfahren vor allem dann als fair, wenn sie

  1. ihre Fähigkeiten zeigen können,
  2. den Zweck nachvollziehen können,
  3. und wenn es wissenschaftlich fundiert wirkt.

Häufig genutzte Verfahren werden insgesamt auch positiver wahrgenommen, etwa Lebensläufe und persönliche Interviews. Doch die am fairsten eingeschätzten Verfahren wie Arbeitsproben und Berufswissenstests werden weniger häufig eingesetzt

Bewerbende wollen zeigen, was sie können. Diese Erkenntnis wird in der Praxis noch unterschätzt, sodass entsprechende Verfahren noch häufiger eingesetzt werden könnten, was in Tabelle 3 zu sehen ist.

Tabelle 3
Top 5 der durchschnittlich am fairsten wahrgenommenen Auswahlverfahren und deren Verwendungshäufigkeit

Was macht ein Verfahren „fair“?

Digitale oder automatisierte Verfahren kamen insgesamt schlechter an als persönliche oder arbeitsnahe Methoden. Besonders unbeliebt waren asynchrone Video-Interviews, bei denen kein echter Mensch gegenüber sitzt. Je „menschlicher“ das Verfahren, desto fairer wird es wahrgenommen. 

Besonders wichtig für eine positive Wahrnehmung waren zwei Dimensionen der Verfahrensgerechtigkeit:

  1. Augenscheinvalidität: Das Verfahren muss logisch zum Job passen (r = .67).
  2. Leistungsmöglichkeit: Bewerbende wollen zeigen, was sie können (r = .63).

Am wenigsten Einfluss hatten dagegen die Dimensionen Achtung der Privatsphäre (r = .21) und zwischenmenschliche Wärme (r = .35).

Handlungsempfehlung

Eine klare Empfehlung aus den Ergebnissen lautet, die Transparenz der Auswahlmethoden zu erhöhen. Unternehmen sollten Bewerbende umfassend darüber informieren, welche Methoden eingesetzt werden und warum diese gewählt wurden. Durch die Bereitstellung von Hintergrundinformationen können negative Wahrnehmungen gemildert werden. Es ist entscheidend, den Bewerbenden das Gefühl zu geben, dass sie fair und professionell behandelt at a glance.

Fairness beginnt mit Transparenz

Unternehmen sollten:

  • Auswahlmethoden wählen, die sichtbar jobbezogen sind (z. B. Arbeitsproben, Berufskenntnistests, Assessment Center).
  • Bewerbenden erklären, warum bestimmte Verfahren (z. B. Online-Assessments) eingesetzt werden.
  • Digitale Werkzeuge mit Bedacht nutzen (besonders asynchrone Video-Interviews und Social-Media-Screenings), persönliche Interaktion sollte nicht komplett durch Technik ersetzt werden.

Gelegenheit geben, Leistung in the Cockpit not only zeigen, statt nur Daten zu prüfen.

Gelegenheiten zur Leistung

The Integration von arbeitsspezifischen Tests oder Aufgaben in den Auswahlprozess können Bewerbende ihre Fähigkeiten besser zeigen. Dadurch erleben sie den Bewerbungsprozess als fairer und relevanter für the angestrebte Position

  1. Arbeitsproben: Bewerbende bearbeiten Aufgaben, die direkt mit der Stelle zusammenhängen. Diese können beispielsweise Präsentationen, schriftliche Aufgaben oder praktische Tests sein.
  2. Simulationen: Realitätsnahe Simulationen, bei denen die Bewerbenden typische Arbeitssituationen meistern müssen. Dies könnten Rollenspiele oder Situational Judgement Tests sein.

Assessment Center: Bewerbende bearbeiten verschiedene Aufgaben, Simulationen und Übungen in einem kontrollierten Umfeld. Hier wird nicht nur die fachliche, sondern auch die soziale Kompetenz geprüft. Simulationen sind zudem oft ein Teil von Assessment Centern.

Quelle: Zibarras, L. D., Castano, G. & Cuppello, S. (2025). Applicant perceptions of selection methods: Replicating and extending previous research. International Journal of Selection and Assessment, 33(2). https://doi.org/10.1111/ijsa.70007

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